Lernvideos

Ein reiches Medium mit vielen Möglichkeiten

Vorkenntnisse: keine
Vorkenntnisse: vorhanden
Gestaltung
Selbstlernkurs
Blended Learning
OER
Lernvideos sind ein beliebtes Tool der digitalen Lehre. In Data-Literacy-Angeboten spielen sie eine zentrale Rolle, da sie als vielfältig einsetzbares asynchrones Lernmedium in verschiedene Lernumgebungen integriert werden können. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die Voraussetzungen und didaktischen Potentiale von Lernvideos und stellen konkrete Hinweise zu ihrer praktischen Umsetzung vor.
von

Martin Kerntopf

Laura Platte

Volker Schwartze

Sebastian Steegers

Toolbeschreibung

Lernvideos gehören zu den meistbenutzten digitalen Lernmedien. In einer Umfrage gaben 2023 88,4 Prozent der Lernenden an, Lernvideos für ihr Studium zu nutzen (Hense & Goertz, 2023). Häufiger sind nur die digitalen Texte wie PDF oder eBooks. Zur besonderen Eigenschaft von Lernvideos als Lernmedium gehört, dass sie multimodal sind. Sie kombinieren gezielt visuelle Elemente wie Text, bildliche Abbildungen, Animationen, und (Bewegt-)Bild, und auditive Anteile wie gesprochenen Text, Musik und weitere Toneffekte und -inhalte zu einer ansprechenden und informationsreichen Ressource. In ihrer einfachsten Form können sie als Bildschirmmitschnitt einer Präsentation mit begleitender Audiospur umgesetzt werden. Aufwändigere Varianten werden in Filmstudios aufgezeichnet und professionell produziert (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Beispiel eines im Studio produzierten Videos mit Abbildung und Sprecher aus dem Projekt data.RWTH der RWTH Aachen

Unter diesen breiten Oberbegriff der Lernvideos fallen verschiedene Formen, die sich auf unterschiedliche Weise in Lehr-Lern-Szenarien einfügen (vgl. unter anderem Persike, 2018). So können einfache Vorlesungsmitschnitte die asynchrone Nachbereitung einer Sitzung unterstützen. In diesem Text konzentrieren wir uns jedoch auf kürzere Videoclips, die gezielt als digitale Selbstlernmedien produziert werden. Sie können im Rahmen von Selbstlernkursen, als Bausteine der asynchronen Phase in Flipped-Classroom-Formaten oder einfach als Zusatzmaterial angeboten werden. Je nach Kontext und Lernergebnissen, die erreicht werden sollen, gibt es eine Vielzahl von spezialisierten Videosorten (zum Beispiel Tutorial) und Varianten der medialen Einbindung.

Voraussetzungen & Zielgruppen

Wie jedes digitale Format ist sowohl die Produktion als auch die Nutzung von Lernvideos an gewisse technisch-mediale Voraussetzungen geknüpft. Die zunehmende Verbreitung von Lernvideos wurde unter anderem dadurch begünstigt, dass die notwendige Aufnahme- und Abspieltechnik inzwischen breit verfügbar ist.

Aufseiten der Lehrenden muss eine gewisse technische Ausstattung in Form von entsprechender Hardware und Software vorhanden sein. Für einfache Lernvideos reichen die Möglichkeiten der üblichen Ausstattung eines Computers (zum Beispiel eine eingebaute Webcam und das Mikrofon eines handelsüblichen Headsets) in der Regel aus. Auch bei der Software, insbesondere für den Schnitt des Videos, gibt es kostenlose Programme, mit denen sich viel umsetzen lässt. Die Lernenden benötigen ein digitales Endgerät und in der Regel eine Internetverbindung. Hier unterscheiden sich Videos also nicht wesentlich von anderen Onlinelernformaten, wobei sie durch die vergleichsweise hohe Datennutzung für viele Lernenden nur bedingt den spontanen Zugriff außerhalb eines WLANs unterstützen.

Im Rahmen von Angeboten zum Erwerb von Data Literacy kommen Videos auch daher besonders oft zum Einsatz, weil sie als asynchrones Medium eine erhebliche Flexibilisierung des Lernprozesses (Kumar et al., 2002) ermöglichen. Überfachliche Zusatzangebote, wie es viele Data-Literacy-Kurse sind, könnten als synchrone Veranstaltung nicht überschneidungsfrei angeboten und allen Studierenden zugänglich gemacht werden. Außerdem eigenen sich insbesondere stark modularisierte Videos gut als Angebot für heterogene Zielgruppen: Lernende können die Videos entsprechend ihrem Vorwissen in individueller Geschwindigkeit bearbeiten und Inhalte bei Bedarf wiederholen.

Zu beachten ist dabei immer, dass Videos als audiovisuelle Medien je nach konkreter Ausgestaltung für manche Menschen eine Barriere darstellen. Das kann zum einen dann zutreffen, wenn Lernende nur eingeschränkt hören oder sehen können, aber auch wenn sie in ihrer Konzentrationsfähigkeit und kognitiven Informationsverarbeitung eingeschränkt sind. Gleichzeitig bieten Videos bei gezielter und bewusster Gestaltung viele Möglichkeiten, Lernende auf unterschiedliche Weisen zu unterstützen, etwa durch Untertitel, Transkripte und Begleitmaterialien.

Kompetenzen

Im Gegensatz zu interaktiven Lernformen sind Lernvideos hauptsächlich durch die „passive“ Aufnahme von Informationen und ihrem „Vehikel“-Charakter geprägt. In den meisten Fällen geht es darum, Wissen zu vermitteln und Zusammenhänge zu erklären (kognitive Fähigkeiten). Insbesondere die Aufbereitung von „klassischen“ Vermittlungsformen wie Vorlesungen oder Vorträgen in Form von Videos zielt meist auf eine reine Wissensvermittlung ab und begünstigt ein inhaltliches Zusammenfassen durch gezielte Aufbereitung immens (Omiles et al., 2019).

Durch die Verfügbarkeit dynamischer Darstellungen, die Kombinierbarkeit unterschiedlicher Medientypen und aufgrund der hohen Anschaulichkeit können in Lehrvideos komplexe Sachverhalte und Prozesse gut dargestellt werden. Durch diese verdichtete Inhaltsvermittlung sollen sich Zuschauende vor allem die für die weitere Entwicklung von Fertigkeiten (Können) notwendigen Grundlagen aneignen (Valentin, 2021, S. 123).

Je nach inhaltlicher und technischer Aufbereitung sind Lernvideos allerdings nicht auf die reine Wissensvermittlung beschränkt. Durch den immersiven Charakter von Videos können spezifische Szenarien veranschaulicht und die Zuschauenden in thematisch relevante Situationen hineinversetzt werden. Gerade durch die Nutzung von begleitenden Aufgabenstellungen beziehungsweise interaktiven Elementen, zum Beispiel in Form von Zwischenfragen oder Verzweigungsszenarien, bei denen Teilnehmende zwischen verschiedenen Optionen für Handlungen in der Situation wählen müssen, können die Zuschauer:innen auch zur kritischen Reflexion der Inhalte angehalten werden. Die technische Umsetzung kann dabei beispielsweise über die Nutzung von H5P, Lernmanagementsystemen oder über Webseiten erfolgen. Solche problembasierten Aufgabenstellungen erhöhen häufig die Motivation der Teilnehmenden (Kinnari-Korpela, 2015, S. 79), da sie sich mit dem Problem spielerisch und nicht nur auf abstrakter Ebene auseinandersetzen. Somit können Lernvideos auch zur Ausbildung der Haltung zu den jeweiligen Themen beitragen.

Videoformate wie Tutorials können darüber hinaus aber auch Anleitungen für die Aneignung praktischer Fertigkeiten darstellen. So können durch das Schauen des Videos und das gleichzeitige Nachmachen neue Methoden oder auch der Umgang mit spezifischen Werkzeugen erlernt werden.

Lerninhalte & Methoden

Wie beschrieben können Videos je nach Gestaltung zur Vermittlung unterschiedlichster Inhalte verwendet werden.

Lehrvideos, die vor allem auf frontalem Erklären basieren, zum Beispiel aufgezeichnete Vorlesungen oder vertonte Slides, bieten meist eine verdichtete Vermittlung von Lerninhalten und fokussieren die Lernenden auf die inhaltliche Rezeption. Trotz des Mangels an Interaktion und Aktivierung der Lernenden kann frontales Erklären als Ankerpunkt genutzt werden, an den sich weiterführende Methoden und feiner ausdifferenzierte Lerninhalte anschließen lassen. In diesem Rahmen lassen sich kurze Einführungen bis hin zur detaillierten Betrachtung komplexer Probleme realisieren. Im Bereich Data Literacy werden damit beispielsweise komplexe Themen wie statistische, technische oder gesellschaftliche Problemstellungen verdeutlicht. Dynamische Illustrationen können bei der Verdeutlichung von Prozessen und Wechselwirkungen, beispielsweise zwischen dem Sammeln und Auswerten von Daten, sowie der ethisch/rechtlichen Perspektive unterstützen. Interaktive Elemente wie Zwischenfragen, kleine Quiz oder Aufgaben können helfen, die Videos aufzulockern und Inhalte direkt zu festigen beziehungsweise zu übertragen.

Video-Tutorials eignen sich insbesondere für die Einführung zu digitalen Werkzeugen für die Arbeit mit Daten. Typische Beispiele sind hier die Nutzung von Webportalen (zum Beispiel Datenbanken), einschlägiger Software für Tabellenkalkulationen (zum Beispiel Excel), Statistik und Visualisierungen oder Programmiersprachen. Durch das Vorführen der Arbeitsschritte in den Videos können die Zuschauenden parallel die Schritte bei sich nachvollziehen und so die Nutzung direkt erlernen. Dadurch sind die Zuschauenden direkt einbezogen, wodurch sie aktiviert werden und eine umgehende Anwendung des Gelernten erfolgen kann. Durch das fassbare Ergebnis steigt auch die Motivation zum Anschauen weiterer Videos. Ansätze des partizipativen Live-Codings, also der Demonstration der Lösung einer Problemstellung, die die Zuschauenden gleichzeitig mitmachen, gibt es auch in vielen Präsenzveranstaltungen zu diesen Werkzeugen. Im Video können diese fast in gleicher Form abgebildet werden. Die Möglichkeiten zum Stoppen und Zurückkehren zu früheren Punkten im Video sind dabei gut geeignet, um dem unterschiedlichen Lerntempo der Lernenden gerecht zu werden. Nachgeschaltete Übungsaufgaben können zur Festigung und Übertragung des Gelernten eingesetzt werden. Rückfragen bei Verständnisproblemen oder technischen Problemen gestalten sich dagegen schwierig, da Feedback nur asynchron (zum Beispiel über Foren oder Chats) möglich ist und daher nicht direkt zum Zeitpunkt der Vermittlung erfolgen kann.

Lernvideos und Tutorials lassen sich nicht nur in reinen Online-Settings verwenden, sondern können als vorgeschaltete Vermittlung für Präsenzveranstaltungen (im Sinne eines „Flipped Classrooms“) oder auch als Wiederholungs- beziehungsweise Festigungsmöglichkeit ergänzend angeboten werden.

Erkenntnisse & Erfahrungen

Inhalte und Struktur

Seien Sie konzise. Bei der Erstellung von Lernvideos spielen insbesondere Fragen zum Umfang eine entscheidende Rolle. Es hat sich gezeigt, dass lange Videos (zum Beispiel Aufzeichnungen ganzer Vorlesungen) häufig überfordernd wirken, da die Konzentration schnell abnimmt. Erfahrungsgemäß bieten sich kürzere Einheiten von 5 bis 15 Minuten mit Fokus auf spezifische Themen an. Die Lernziele sollten dabei am Anfang des Videos klar kommuniziert werden und sich gegebenenfalls auch in Beschreibungen auf den jeweiligen Plattformen schnell finden lassen. Bei größeren Veranstaltungen wie Vorlesungen kann es daher sinnvoll sein, das Video in kürzere inhaltlich abgeschlossene Einheiten zu zerlegen. Gerade bei komplexeren Themen kann sich dies schwieriger gestalten, da sich die verschiedenen Inhalte stark aufeinander beziehen. Daher müssen Lehrveranstaltungen bei der Umsetzung in Form von Videos inhaltlich oft neu aufbereitet werden. Das Angebot kleinerer Einheiten bietet vor allem bei interdisziplinären Angeboten für Querschnittsthemen wie Data Literacy eine bessere Möglichkeit, dem heterogenen Kenntnisstand der Zuschauenden gerecht zu werden, da es ein gezieltes Auswählen relevanter Inhalte ermöglicht. Dies kann bei längeren Videos zusätzlich durch das Einfügen von Sprungmarken und Kapiteln unterstützt werden, wenn eine sinnvolle inhaltliche Trennung möglich ist. Durch die Modularisierung der Inhalte können sich Zuschauende eigenständig relevante Inhalte zusammenstellen und so eigene Lernwege gestalten.

Achten Sie auf eine standardisierte Struktur. Ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz von Videos ist aus unserer Erfahrung auch deren Qualität und standardisierte Struktur. Eine klare und wiederkehrende Strukturierung der Videos schafft dabei eine bessere Akzeptanz. Dies kann beispielsweise die Kommunikation der Learning Outcomes am Anfang und ein Fazit am Ende des Videos beinhalten. Weiterführend kann dies auch regelmäßige interaktive Elemente (zum Beispiel Quiz, kurze Reflexionsaufgaben) umfassen. Obwohl es bereits viele frei verfügbare Lernvideos gibt, kann die Verwendung unterschiedlicher Videoquellen von Zuschauenden negativ bewertet werden, da sie sich nicht auf eine bestimmte Struktur der Vermittlung einstellen können und das Angebot insgesamt „fragmentiert“ erscheint.

Gestalten Sie Ihre Beiträge möglichst barrierefrei. Auch das Thema Barrierefreiheit sollte bei der Konzeption von Videos berücksichtigt werden. Dies beinhaltet grundlegende Überlegungen zur Visualisierung, wie zum Beispiel die Berücksichtigung von Farbenblindheit. Zusätzlich sollten auch Maßnahmen ergriffen werden, um seh- oder hörbeeinträchtigten Studierenden die Inhalte zugänglich zu machen. Daher sollten Inhalte aus Bildern auch im Sprechtext aufgegriffen und erklärt beziehungsweise Audiodeskriptionen angeboten werden, damit sie auch ohne die Bilder verständlich werden. Zusätzlich können Untertitel oder Skripte die Inhalte auch ohne Ton zugänglich machen. Diese Anpassungen unterstützen nicht nur Zuschauende mit Beeinträchtigungen, sondern kommen allen zugute. Transkripte können dabei helfen, Videoinhalte schnell zu überblicken oder einzelne Informationen ohne Ansehen des Videos zu erhalten und so Teilnehmende mit eher textbasierten Lerngewohnheiten unterstützen. Zusätzlich können damit auch Probleme im Zusammenhang mit schwachen Internetverbindungen abgeschwächt werden, da die Skripte schneller zu laden sind als die eigentlichen Videos.

Organisatorisches und Rechtliches

Planen Sie genug Zeit ein. Die Erfahrung aller, die einmal Videos produziert haben, ist: Es dauert immer sehr viel länger, als man denkt. Selbst einfache Produktionen erfordern ein Einarbeiten in die Software. Außerdem zieht jede kleine Änderung viele zeitaufwendige Schritte wie den erneuten Export und Upload des Videos mit sich.

Entwickeln Sie eine Open Educational Resources(OER)-Strategie. Als Open Educational Ressources werden Bildungsmaterialien bezeichnet, die unter einer offenen Lizenz zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt werden. Die Idee ist, dass nicht an jeder Institution ein neues Video entstehen muss, wenn bereits qualitativ hochwertige Materialien existieren. Für Videos, deren Produktion immer mit einem bedeutenden Aufwand verbunden ist, ist dieses Vorgehen besonders sinnvoll. Für das Thema Data Literacy finden Sie beispielsweise zahlreiche Lernvideos und auch weitere Materialien auf Plattformen wie ORCA.nrw, für das eng verbundene Thema der Künstlichen Intelligenz empfiehlt sich ein Blick auf den KI-Campus. Wenn Sie als OER veröffentlichte Videos anderer Lehrpersonen in Ihren eigenen Kursen nachnutzen, sollten Sie sich neben den lizenzrechtlichen Fragen auch um die didaktische, inhaltliche und strukturelle Einbindung in Ihren Kurs Gedanken machen. Videos mit einem anderen Aufbau und leicht abweichendem Vokabular können für die Lernenden einen Bruch darstellen. Durch die passende Rahmung (zum Beispiel als Exkurs mit selbst ergänzten Learning Outcomes) können Sie diesen verringern. Wenn Sie selbst Videos als OER veröffentlichen wollen, beachten Sie insbesondere die Hinweise zu den rechtlichen Fragen (siehe unten).

Nutzen Sie die Services an Ihrer Hochschule und Ihr Netzwerk. Viele Hochschulen bieten an ihren didaktischen Serviceeinrichtungen Beratung, Weiterbildungen oder sogar Unterstützung bei der Produktion von Lernvideos an. Informieren Sie sich frühzeitig, welche Angebote es gibt und ob Sie sich beispielsweise teure Technik wirklich selbst beschaffen müssen, anstatt sie auszuleihen oder vor Ort zu nutzen. Auch aus dem kollegialen Austausch können wertvolle Erkenntnisse entstehen.

Klären Sie rechtliche Fragen frühzeitig. Mit der Produktion und vor allem der Veröffentlichung von Videos sind auch eine Reihe von rechtlichen Fragen verknüpft, die schon in der Planung der Lernvideokonzeption und -produktion berücksichtigt werden sollten. Dazu gehören insbesondere der korrekte Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material, die Berücksichtigung von Markenrecht (zum Beispiel beim Zeigen von Logos) sowie die Achtung von Persönlichkeitsrechten von im Video sichtbaren Personen. Wichtig: Um anhand dieser rechtlichen Regelungen angemessen zu planen, muss bereits frühzeitig bekannt sein, ob die Videos veröffentlicht werden sollen. Eine Anpassung im Nachhinein (Einholen von zusätzlichen Erlaubnissen der abgebildeten Personen, Austausch von urheberrechtlich geschütztem Material) ist zwar in der Regel möglich, aber mit erheblichem Aufwand verbunden.

Videoproduktion ohne professionelles Studio

Für die Videoproduktion möchten wir im Folgenden einige konkrete Tipps aus Sicht eines Mediengestalters mit langjähriger Erfahrung in der Lernvideoproduktion geben:

Investieren Sie in die Tonqualität. Während die Bildqualität selbst mit der einfachsten Form des Bildschirmmitschnitts in der Regel gut gelingt, lohnt es sich, beim Ton ein wenig mehr Aufwand zu betreiben. Das eingebaute Mikrofon eines Laptops erzielt in der Regel keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Schon ein einfaches USB-Headset (ab ca. 50 Euro) erzeugt einen besseren Ton. Wenn Sie häufiger mit Videos arbeiten, kann sich die Anschaffung eines USB-Mikrofons (ab ca. 300 Euro) lohnen. Testen Sie verschiedene Aufnahmeorte. Nehmen Sie den Ton an einem Ort mit wenig Störgeräuschen auf. Um Hall zu vermeiden, eignen sich kleine Räume mit vielen weichen Oberflächen (zum Beispiel Teppiche, Vorhänge) besonders gut. Es lohnt sich, anfangs ein paar Varianten auszuprobieren und die Aufnahmen zu vergleichen.

Setzen Sie die das Sprecher:innen-Video gezielt ein. Die sprechende Person im Video nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, kann das und einem Kurs buchstäblich „ein Gesicht geben“. Auch die zusätzlichen visuellen Anteile der nonverbalen Kommunikation wie Gestik und Mimik unterstützen die Wissensvermittlung. Gleichzeitig sollten Sie den deutlich erhöhten Aufwand dieser Videoaufnahme gegenüber der reinen Tonaufnahme bewusst abwägen. Neben dem Aufbau des Aufnahme-Settings und der Integration der verschiedenen Elemente in der Postproduktion stellt diese Variante auch höhere Anforderungen an die Performance der sprechenden Person (visuelle Präsenz, Einsatz von Mimik und Gestik), was häufig deutlich längere Drehzeiten bedeutet. Ein halbherzig oder unter Zeitdruck aufgenommenes Sprecher:innen-Video erzielt die gewünschten kommunikativen Effekte allerdings oft nicht. Ist die Präsenz der Dozierenden im Video didaktisch wichtig, kann ein guter Kompromiss darin bestehen, das Kamerabild an ausgewählten Stellen, zum Beispiel zu Beginn und am Ende des Videos, einzusetzen. In manchen Fällen kann auch ganz darauf verzichtet werden.

Beachten Sie Beleuchtung und Position der Kamera. Unabhängig davon, ob Sie eine externe oder die im Laptop integrierte Kamera nutzen, sollte die Linse auf Augenhöhe positioniert werden. Außerdem macht die richtige Beleuchtung - besonders bei vergleichsweise niedriger Kameraqualität - einen großen Unterschied, da das Bild sonst stark verrauscht. Ausreichend intensives und diffuses Licht eignet sich am besten, sei es als Tageslicht oder von einer Lampe. Achten Sie darauf, sich nicht im Gegenlicht, also etwa mit einem Fenster hinter Ihnen zu filmen. Auch hier gilt: Testen Sie verschiedene Varianten!

Wählen Sie eine Software mit angemessenem Funktionsumfang. Für viele Vorhaben müssen Sie sich gar nicht mit fortgeschrittenen Schnittsoftwares auseinandersetzen. Sogar Microsoft PowerPoint bietet eine Option zum Screenrecording mit gleichzeitiger Tonaufnahme, mit der sich einfache Screenrecordings bereits sehr niederschwellig umsetzen lassen. Für etwas mehr Funktionen in der Aufnahme und Weiterverarbeitung von Screenrecordings und anderen Medien sind Softwares wie Camtasia (kostenpflichtig) oder Snagit (etwas günstiger) eine gute Möglichkeit. Fortgeschrittene Nutzer:innen können sich zusätzlich an Tools wie Open Broadcast Studio (kurz: OBS, ein Open-Source-Bildmischer mit großem Funktionsumfang) ausprobieren. Auch hier ist das Testen wichtig: Nicht jeder Computer hat die nötige Rechenleistung, um PowerPoint oder auch eine zu präsentierende Datenverarbeitungssoftware und die Videosoftware gleichzeitig zu unterstützen.

Produzieren Sie Videos in HD und im MP4-Format. In den meisten Fällen und für die meisten Endgeräte, auf denen Lernvideos angeschaut werden, reicht Full HD (also 1920 x 1080 Pixel) vollkommen aus.

Autor:innenprofile

Martin Kerntopf (Universität Jena) hat an der Universität Jena Politikwissenschaft studiert und an der Universität Greifswald im Bereich Internationale Beziehungen und Außenpolitik promoviert. Am Michael Stifel Zentrum der Universität Jena ist er Teil des Projekts zur Lehrentwicklung im Bereich Data Literacy (Data Literacy Jena, DaLiJe) und erarbeitet Konzepte und Lehrmaterialien für den Bereich der Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften.

Laura Platte (RWTH Aachen) hat Sprach- und Kommunikationswissenschaft an der RWTH Aachen University studiert. Am Center für Lehr- und Lernservices der RWTH arbeitet sie an der Konzeption und Produktion von videobasierten Lehr-Lern-Angeboten im Bereich Data Literacy (Projekt data.RWTH) und Visualisierungskompetenzen.

Volker Schwartze (Universität Jena) hat an der Universität Jena Biologie studiert und im Bereich Mikrobiologie promoviert. Am Michael Stifel Zentrum der Universität Jena ist er Koordinator des Projekts zur Lehrentwicklung im Bereich Data Literacy (Data Literacy Jena, DaLiJe) Projekts und entwickelt Konzepte und Lehrmaterialien mit Fokus auf den Bereich Natur- und Lebenswissenschaften.

Sebastian Steegers (RWTH Aachen) hat ursprünglich im klassischen Fernsehen eine Ausbildung zum Mediengestalter für Bild und Ton gemacht und arbeitet nun seit 2017 bei „Medien für die Lehre“ an der RWTH. Seiner Verantwortung unterliegen hier das Projektmanagement im Bereich Videoproduktion sowie die Produktion von digitalen Lehrinhalten, meist in Form von Videos. Darüber hinaus ist er verantwortlich für die Planung und Produktion von Imagefilmen, für zum Beispiel Institute oder Studiengängen.

Literatur

Hense, J., & Goertz, L. (2023). Monitor Digitalisierung 360°. Arbeitspapier Nr. 68. Hochschulforum Digitalisierung.
Kinnari-Korpela, H. (2015). Using Short Video Lectures to Enhance Mathematics Learning - Experiences on Differential and Integral Calculus Course for Engineering Students. Informatics in Education, 14(1), 67–81.
Kumar, A., Kumar, P., & Basu, S. C. (2002). Student perceptions of virtual education: An exploratory study. In M. Khosrow-Pour (Hrsg.), Web-based instructional learning (S. 132–141). IGI Global.
Omiles, M., Dumlao, J., Rubio, Q., & Ramirez, E. (2019). Development of the 21st Century Skills through Educational Video Clips. International Journal on Studies in Education, 1(1), 11–20.
Persike, M. (2018). Videoformate in Blended-Learning-Szenarien. In N. Apostolopoulos, D. Fricke, A. Pape, S. Rehwald, A. Stumptner, & D. Zach (Hrsg.), Digitale Lehrformen für ein studierendenzentriertes und kompetenzorientiertes Studium (S. 46–50).
Valentin, K. (2021). Systematisierung von Video-Tutorials und die subjektorientierte Erforschung des Aneignungsverhaltens von Rezipierenden. In M. Seifert & S. Jöckel (Hrsg.), Bildung, Wissen und Kompetenz(-en) in digitalen Medien: Was können, wollen und sollen wir über digital vernetzte Kommunikation wissen? (S. 121–135). Digital Communication Research.